Agnello brodettato

„Oha, ein ganz seltener Gast“ – das werden Sie vermutlich denken, wenn Sie diesen Beitrag lesen. Immerhin, Beitrag Nummer Sechs in meiner unregelmäßigen Kolumne in Minchens Blog und es ist mittlerweile über ein Jahr seit dem ersten Beitrag vergangen. Aber zur Sache.

Letzten Samstag führten wir die übliche, höchst detaillierte Planung für den Osterwochenendlichen™ Speiseplan durch. So in der Art von „Ich bring irgend ’nen Braten mit.“

Beim Metzger – tatkräftig von Junior unterstützt – disponierte ich dann spontan um. Da stand ein Schild, dass Lammfleisch anpries. Eine kurze Telefonkonferenz später war dieser Punkt zur Zufriedenheit aller geklärt und ich machte mich mitsamt rund 800g frischen Lammfleischs wieder auf den Heimweg.

Sollten Sie sich fragen, wie das für zwei Tage genügen sollte, so kann ich Sie beruhigen. Für Sonntag waren wir bereits im Hotel Schwiegermama verplant. Dort gab es leckeren Braten vom Webergrill.

Am Montag Nachmittag schritt ich sodann zur Tat:

Das Lammfleisch erst einmal von Sehnen und Fett befreit, danach gewürfelt. Dank des jüngst frisch geschliffenen Messers war diese Aufgabe erstaunlich gut durchzuführen. Nicht ganz unaufwändig, aber das hatte ja auch keiner behauptet.

Danach war die Geschichte im Prinzip erst einmal einfach: Lamm mit Mehl bestäuben, anbraten. Dann gewürfelte Zwiebeln und Speck dazu und mit Weißwein ablöschen.

„Im Prinzip“. Sie werden es schon ahnen, es gab einmal mehr Kollateralschaden. Den Speck habe ich zwar brav angebraten, die Zwiebeln mussten aber auf das Dünsten verzichten und landeten erst nach dem Weißwein im Topf. Ich glaube allerdings nicht, dass dies einen allzu großen Unterschied machte. (Allerdings muss ich hinzufügen, dass diese Aussage nicht auf einer wissenschaftlich korrekten und haltbaren Analyse beruht.)

Davon abgesehen habe ich das Gulasch mit Salz, Pfeffer und frischem Muskat abgeschmeckt. Nachdem der Wein zu einem guten Teil verdunstet war, kam erneut ein Schuss desselben guten Tropfens hinzu, nebst ein wenig Brühe und dem zum Topf passenden Deckel.

Jetzt hieß es warten, und zwar etwa eine Stunde. Der passende Augenblick für ein paar erläuternde Worte.

Agnello brodettato – frei übersetzt Lammfleisch mit Ei-Zitronensauce. „Agnello“ ist dabei das Lammfleisch, brodettato bezeichnet die spezielle Art der Sauce.

Ei? Zitrone? Ja, davon war bisher nicht die Rede, das kommt auch erst im Schritt 5, wir warten gerade noch auf die 3.

Brodettato jedenfalls ist eine mediterrane Sauce oder Suppe¹, die durchaus weitere Verbreitung hat. Griechisch Avgolémono (genauer: Αυγολέμονο) steht es schlicht für Ei-Zitrone. Eine Zubereitungsart, die Ihren Ursprung in Richtung des Balkans und der jüdischen Küche hat.

Das Gericht selbst ist im mittleren Italien heimisch, den Abruzzen. Diese Region liegt etwa auf der Höhe Roms. Agnello brodettato ist dort ein typisches Ostergericht.

Der verarbeitete Weißwein stammte aus der Südtiroler Weinstraße, genauer gesagt aus dem Weingut Ritterhof. Ein sehr edler Tropfen, wie ich zugeben muss. Mitgenommen haben wir die beiden Flaschen eines 2009er Sauvignons in einem Spezialitätenladen in St. Ulrich im Grödnertal. Ein Geschäft, Panificio Hofer, in dem man auch eine sehr leckeren Parmesan (typischerweise rund zwei Jahre abgelagert) bekommt. Nur zu empfehlen, falls Sie einmal in der Gegend sein sollten. Im Zweifelsfalle lassen Sie aber besser die Kreditkarte zu Hause…

Zu meiner Überraschung stellte ich nach einer Stunde fest, dass das Fleisch butterzart war. Tatsächlich eines der ersten Male, dass ein Rezept mit meiner Realität übereinstimmte. Das Fleisch ging erst mal in den vorgewärmten Ofen, zum herstellen der Sauce wäre es nur im Weg gewesen.

In einer separaten Schüssel verquirlte ich mit Hilfe eines Mixers Zitronensaft, drei Eigelb (Danke Minchen!) und Knoblauch. Eine schaumige Creme war das Ergebnis, welche ich unter heftigem Rühren in die entstandene Brühe rührte.

Der trickreiche Part kam zum Schluss: Die Sauce muss einmal kräftig erhitzt werden, darf aber nicht kochen. Nur so sorgt das Ei dafür, dass die Sauce andickt. Erhitzt man sie nicht ausreichend, bleibt sie flüssig. Fängt sie an zu kochen, fällt das Ei aus.

Erstaunlicherweise gelang mir das auf Anhieb. Um so überraschender, wenn man weiß, dass mein letzter Versuch mit Eiern, die nicht kochen dürfen, grandios schief lief. Die fragliche Eiercremesuppe wollen wir lieber in Frieden ruhen lassen.

Das heutige Resultat aber konnte man nur als sehr gut bezeichnen, in beinahe jeglicher Hinsicht. Zwei offene Punkte bleiben:

Die in der Not gewählten Pommes sind zwar keine schlechte Beilage, perfekt waren sie aber nicht. Salzkartoffeln oder Kroketten dürften wohl besser geeignet sein. Auch habe ich die Schale der ausgepressten Zitrone weder abgelöst noch in Streifen verarbeitet. Damit hätte man das Gericht garnieren sollen. Um ehrlich zu sein, hatte ich dafür dann nicht mehr die Lust.

Aber ich glaube, dass das Ergebnis nichts desto trotz präsentabel war:

¹ Quelle einmal mehr die Wikipedia, leider auf Englisch – einen passenden, deutschen Artikel konnte ich auf die Schnelle nicht auftreiben.

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