Minimalgärtnern

Ständig donnert es aus allen möglichen Himmelsrichtungen. Zwischendrin kommt auch mal etwas Nasses von oben herunter – aber für mehr als ein wenig Tröpfeln scheint es heute nicht zu reichen.

Frau Mutter brachte mir heute sechs wunderbare Petersilienpflanzen vorbei – mit einem schönen Gruß des Herrn Vater. Hach, toll. Heuer hatte ich noch keine ausgesät. Ich wußte nämlich nicht, wohin. Im Tomatenbeet hatten wir sie bis letztes Frühjahr stehen. Da wollte ich nicht schon wieder Peterle pflanzen – mir war nicht klar, ob der zeitliche Abstand schon ausreichend sei. Im Hochbeet war kein Platz mehr. Und im zweiten Quadrat war auch keiner mehr, denn Herr Vater hatte mich auch noch mit sieben Broccolipflänzchen versehen, die dort zwar eigentlich auch nicht hinein sollten – aber Junior hatte einen unbeaufsichtigten Moment genutzt und alle  aus ihren Töpfen gezogen. Drei konnte man sogar als ‚wurzelnackt‘ bezeichnen. Irgendwo mußten sie also hin – und da war das eben fertig gewordene Quadratbeet gerade richtig.

Dort wächst im übrigen, ganz in ein Eck gedrückt, auch noch die Zuchinipflanze, die ich bekam von – Sie ahnen es, Herrn Vater!  Er ist eben ein leidenschaftlicher Gärtner!

Wohin also mit dem Peterle? Kurz entschlossen gab ich ihm einen Platz in zwei schönen Balkonkästen, die nun auf der Terrasse stehen. Schließlich heißt es ja auch immer, man solle die Kräuter möglichst nah am Haus ziehen, damit man auch bei Regenwetter welche holen geht!

Ein paar Minuten blieben noch vom Mittagschlaf der Kinder. Also noch flink zwei weitere Kästen mit Erde gefüllt – und endlich Dill und Koriander gesät. Die Samen sind uralt – ich bin gespannt, ob sie noch aufgehen!

Donnerstag (31.05.), vormittags sonnig und sehr warm, nachmittags bedeckt und gewittrig 

Frühaufsteher unter den Beeten

Einen guten Morgen wünsche ich Ihnen, meine Leserschaft. Nachdem Junior mit der Schwarzwaldoma im Tierpark ist und Prinzesschen munter schlummert habe ich beschlossen, Sie an meinem letzten Projekt teilhaben zu lassen.

Wie Sie anhand des Titels wohl schon erahnen, hat mein heutiger Beitrag nicht direkt mit meinen letzten kulinarischen Errungenschaften (z.B. der Kansas Sweet and Smokey BBQ Sauce, sehr zu empfehelen) zu tun. Unser heutiges Thema dreht sich mehr um die Produktion der benötigten Rohmaterialen, die in einer zweitägigen Bauaktion für ein Frühbeet mündete.

Aber lassen Sie mich am Anfang beginnen, wie das ja literarisch so üblich ist. Am Anfang war nun, glaubt man einschlägigen historischen Aufzeichnungen, das Wort. „Schnäuzelchen, wir brauchen ein Frühbeet.“ – Frühbeet? Ein Beet das nur morgens nutzbar ist?

Nun gut, so schlimm war es um mein Gartenwissen dann doch nicht bestellt. Mir war durchaus klar, dass sich „Früh“ hier auf die Jahreszeit und nicht auf den Tag bezog. Die Diskussion drehte sich daher zunächst eher um grunsätzliche Dinge wie die gewünschte Größe der Konstruktion. Nachdem ich erfolgreich die üblichen etwas vagen Aussagen in einen nur wenig konkreteren Plan umgewandelt habe, sah die Schnittmenge zwischen Anforderungen und vorhandenen Möglichkeiten in etwa so aus:

Begeben wir uns nun etwas weiter zurück in die Vergangenheit, denn Sie ahnen sicher, dass es für mich Informatiker nicht ganz so einfach war. Eine gewisse handwerkliche Begabung möchte ich mir selbst ja gar nicht in Abrede stellen. Problematisch bleibt aber die mangelnde Erfahrung in diesen Dingen. Nur, so sagte ich mir, wenn ich es nicht versuche, wird dieses Problem auch nicht verschwinden. Begonnen hat die Reise ungefähr hier:

Als aufmerksamer Beobachter haben Sie sicher schon den Notizblock auf der hinteren Glasscheibe entdeckt. Mir war nämlich recht schnell klar, dass ich mit dem schrägen Rand ein Problem hatte. Die bekannte Größe war, wie Sie sehen, nicht etwa die Grundfläche des Beetes sondern die Länge der Schräge.

Nur … wie war das jetzt mit der elementaren Geometrie. Es ist schon einige Jahre her, dass ich zuletzt so konkret mit Dreiecken zu tun hatte. Zunächst hatte ich die Befürchtung, mich in den Untiefen der Trigonometrie zu verlieren, bis mir eine einfache Erkenntnis kam: Mir ging es nicht etwa um Winkelberechnungen. Nein, im Gegenteil. Der Schlüssel war der Rechte Winkel, den das Dreieck in der unteren, hinteren Ecke bilden würde. und die Tatsache, dass die Höhe der Konstruktion vorgegeben war.

Plötzlich dämmerte es mir, dass die Lösung erheblich einfacher war. Ein Problem, dass die alten Griechen bereits gut 500 Jahre v. Christus gelöst hatten. Genauer genommen ein bestimmter Grieche, nämlich Πυθαγόρας. Erinnern Sie sich? Im Schulunterricht wird er gerne auch als Pythagoras von Samos diktiert – zumindest, seit Altgriechisch als Fremdsprache in der breiten Bevölkerung ein wenig aus der Mode gekommen ist.

Schon kurz nach seinem Tod galt Pythagoras laut Aufzeichnungen von Aristoteles als ein Begründer der Lehre der Mathematik bei den Griechen. Speziell gemeint war hier die Geometrie, die den Griechen als wichtigster Zweig der Mathematik galt.

Wenig verwunderlich ist in diesem Zusammenhang, dass Pythagoras laut Überlieferungen einige Zeit in Ägypten verbracht hat. Es wird kaum einer bezweifeln, dass dort die Ursprünge dieser Wissenschaft zu suchen sind. Zu beeindruckend sind die Monumente, die uns das alte Ägypten hinterlassen hat, die wohl erste Hochkultur unserer modernen Welt.

Zu Deutsch: „Horizont des Cheops“. So nannten die alten Ägypter die Cheops-Pyramide, eine der berühmtesten Hinterlassenschaften dieser Kultur. Gebaut wurde sie mit einer Präzision, die ich mir heute zwischendurch bei unseren Handwerkern (mir einschließlich) wünschen würde: Bei einer Seitenlänge 230,383 Metern (exakt 440 Ellen) und einer sich daraus ergebenden Grundfläche von 53.076 Quadratmetern weicht die Nivellierung von der Waagrechten über die gesamte Fläche nirgends mehr als 21 Millimeter von der Normalen ab. Ja, Sie haben richtig gelesen. Millimeter. Einundzwanzig. Das sind 0,009 % der Seitenlänge. Topfeben.

Ebenso die Seitenlängen selbst, deren Abweichung vom erstrebten Quadrat 13 Zentimeter nicht überschreitet. 13 Zentimeter entsprechen 0,05 % Abweichung auf die gut 230 Meter Länge. Die Ausrichtung der Pyramide weicht nur 3 Bogenminuten und 6 Bogensekunden – das sind rund 0,05° – von der Nordrichtung ab

Messen Sie mal die Seitenlängen oder die „rechten Winkel“ Ihres Wohnzimmers nach und vergleichen Sie das Ganze mit dem Bauplan.

Im Übrigen konnten diese Maße nicht einfach über die Diagonalen kontrolliert werden. Die Pyramide steht auf der Nord-Ost-Kante der Mokattam-Formation, einem Felssattel, der dem Bauwerk einen stabilen Untergrund lieferte. Umso bewundernswerter mutet die Leistung einer Zivilisation ohne Hilfsmittel wie Laserwasserwagen, -entfernungsmesser und GPS-Satelliten an.

Diese unvergleichliche Präzision war der Höhepunkt der alten ägyptischen Baukunst. Schon in den nachfolgenden Bauten wurde sie nicht mehr erreicht.

[Quelle: Wikipedia. An dieser Stelle ein Dank an die hervorragenden Autoren dieses offenen Projektes]

Gehen wir nun zurück zu Pythagoras: Fünf Jahrhunderte vor Christus dürften die Bauwerke einen enormen Eindruck auf den Griechen gemacht haben. Ob er in den Aufzeichnungen der ägyptischen Mathematik fündig wurde? Wir wissen es nicht. Wenig Konkretes ist hier bekannt. Erwiesen ist, dass die Geometrie ihren Ursprung in Ägypten hat. Die regelmäßigen Überschwemmungen des Nils hatten dort Landvermessungen immer wieder nötig gemacht.

Erwiesen ist, dass bereits die Babylonier den Zusammenhang der Seitenlängen des rechtwinkligen Dreiecks kannten. Entsprechend ist auch anzunehmen, dass dieses Wissen den ägyptischen Architekten kein Geheimnis war.

Wer jedoch den ersten formalen Beweis erbracht hat, darüber scheiden sich die Geister. Wohl auch aus diesem Grunde wird der Satz des Pythagoras wohl auch immer als dieser bekannt bleiben. Es ist noch nicht einmal sicher, ob Pythagoras seinerzeit den Beweis wirklich erbracht hat.

Es bleibt die Erkenntnis, dass ich ohne diesen alten Lehrsatz meine Probleme in der Konstruktion des Hochbeetes gehabt hätte. Wie auch immer die alten Ägypter, Babylonier oder Griechen hier zu einen Ergebnis kamen, mein Lösungsweg war recht banal:

Da waren sie, die gesuchten 128,5 Zentimeter Länge.

Der Rest meiner Bauarbeiten waren dann vergleichsweise unspektakulär. Das Quadrat wurde ein Parallelogramm, die Rückwand musste auf Grund eines Denkfehlers zweimal gebaut werden, davon abgesehen aber steht das Beet, die Glasplatten passen hinein und Minchen hat es breits einmal geschafft, die Pflanzen im Beet den Hitzetod sterben zu lassen. Ein ganz normaler Gartenalltag.

Nicht zu vergleichen mit der Leistung des alten Hemiunu („Diener des (Gottes) von Iunu“) der vermutlich der Baumeister der Cheops-Pyramide war.

Im Parcours

Nachdem ich gestern den ganzen Abend überlegt hatte, ob ich nun einflechten sollte oder nicht, habe ich mich dann doch fürs Einflechten entschieden. Und dabei ziemlich geflucht, denn Lubiankens Mähne ist einfach viel zu dick, um sie in schöne Zöpfchen zu verwandeln. Verziehen läßt sie sich leider nicht, da bekommt sie hysterische Anfälle. Die Zöpfchen genügten meinen Ansprüchen an ’schön‘ nicht so richtig, aber es waren immerhin Zöpfchen.

Um halb Acht in der Früh ging es dann ans Verladen. Lubi war vom Einflechten schon ziemlich nervös. „Irgendwas ist heute anders!“, schien sie zu sagen. Der Hänger steht anders als sonst. Nein, da geh ich nicht rein. Mutter winkte mit dem Besen. Nein-da-geh-ich-nicht-rein. Also den Hafereimer vor die Nase gehalten. Ich will aber nicht. Breit gestellt. Nix da, ich geh in das Ding nicht rein.

Wirklich prima. Zwei Tage zuvor, als wir noch mal zum Springen wo anders hin fuhren, marschierte sie rein wie eine Eins. Frau Mutter und ich waren schon leicht angenervt. Aber was soll es. Dann nehmen wir halt Fuzzy mit aufs Turnier. Fuzzy in den Hänger geführt, Lubianken vollkommen problemlos hinterher. Alles klar, danke fürs Gespräch.

Eine gemütliche Stunde Hängerfahrt später kamen wir auf dem Turnierplatz an, der super einfach zu finden war. Eine tolle Anlage – großer Sandspringplatz, 60er Halle und eine nicht exakt Norm-Maß habende Halle zum Abreiten. Der Kuchen war lecker, die Teeauswahl brauchbar, die Pommes und das Fleisch wohl nicht so prickelnd, aber das nur vom Hörensagen, wir selber haben davon nichts gegessen.

Parcours abgegangen, sah eigentlich alles recht freundlich aus. Lange Wege, aber durchaus mit der Möglichkeit, abzukürzen. Ich entschied mich nur an einer Stelle für den kürzeren Weg, denn dort kam ich dennoch gerade auf die Kombination zu. Bei den anderen Möglichkeiten war mir das zu hakelig – schließlich sind sowohl Lubianken als auch ich gräßlich unerfahren. Lieber auf Nummer sicher, dafür Pferd nicht verprellt. Allerdings dachte ich mir an ein, zwei längeren Galoppstrecken, dass ich da vielleicht ein wenig Gas geben könnte – zurück bekommt man die ja recht gut. Soweit also der Plan.

Dann haben wir – reichlich früh – gesattelt und ich bin aufgesessen. Beim Richten war Lubi super brav und auch die ersten Meter vom Hänger weg waren problemlos. Dann aber… Nix – da geh ich nicht vorbei. Was es auch immer war, der grüne Zaun, die weiße Wand der Abreitehalle – Lubi ging nur noch rückwärts. Tja, Pech gehabt, Madame, das Theater kenn ich schon von Deiner Mama. Wir können auch rückwärts an der gräßlich gefährlichen Stelle vorbei reiten, wenn du schon rückwärts gehen willst.

Nach einer Weile wurde ihr das dann zu blöd und wir konnten umdrehen und halbwegs manierlich weiter reiten

In der Abreitehalle gab sie dann auch erst mal ein paar Runden die nervöse Giraffe, aber es legte sich diesmal sehr schnell, Trab- und Galopparbeit war prima, die ersten Steilsprünge auch. Beim ersten Oxer wurde erst mal geparkt, dann aber alles problemlos weiter.

Zeitig genug ging es dann in Richtung Turnierplatz. Und nun begann mich unser Angsthase zu erstaunen. Erst war sie richtig zappelig – dann konnte sie plötzlich gelassene Kringel vor dem Platz drehen und schließlich sogar recht friedlich hinstehen. Rein in den Parcours ging es durch so eine Art Bogen – ohne zu Zucken marschierte sie durch.

Sofort angetrabt, ein wenig Gegucke und Schieflaufen gabs vor diversen Werbeplakaten an der Bande. Ich suchte derweil die Richter – und fand sie nicht. Hielt bei den Zuschauern an und fragte nach. „Die sitzen da oben“, gabs zur Antwort – und richtig. Oben in der Reithalle im Stüberl. Da muß man erst mal drauf kommen, immerhin trennte Springplatz und Reithalle ein gut fünf Meter langer Gang, auf dem die Zuschauer und die Bewirtung saßen.

Dann also. Grüßen, dritter Gang rein und los. Lubi klappte die Ohren nach vorne und bekam den Tunnelblick. Nichts, was außen rum war, interessierte noch, nur die Sprünge. Das geplante Zulegen zwischen den Sprüngen vergaß ich souverän – aber dafür gabs einen fehlerfreien Ritt, der uns beiden riesigen Spaß gemacht hat. Meine Nervosität war mit dem ersten Galoppsprung verflogen, weil mir Lubi nur noch „Ich will da rüber“ signalisierte. Fantastisches Gefühl.

Das Ende vom Lied: Fünf Sekunden fehlten zwischen uns und der Platzierung !!!

rin in die Kartüffeln…

Erst das Wohnzimmer gewischt. Die Luft ist so schwül und drückend, dass das Parkett nicht abtrocknet.

Dann geh ich halt Wäsche aufhängen.

Lieber nicht, da zieht ein Gewitter rein.

Auch gut, es hat ein wenig abgekühlt, dann kann ich garteln, vielleicht zieht es ja vorbei.

Fenchel im Frühbeet gesät. Schubkarre, Kniekissen und Rasenkantenschere geholt und begonnen, den Reitplatz auszumähen, wo Schnäuzelchen gestern mit dem Rasenmäher nicht ran kam.

Alles rennet, rettet, flüchtet, denn es ward ein Tropf gesichtet… Nicht nur einer, es begann zu gießen.

Also wieder rein ins Haus. Immerhin – das Wohnzimmer ist abgetrocknet, dann mach ich halt hier weiter.

Grmbl.

Garteln im Warmen

Trotz Wärme: Ab in den Garten.

Projekt Nummer eins: Das Nascherbsenbeet für Junior. Zum Glück nur recht schmal und auch nicht lang, denn der Boden ist fast schon wieder zu trocken, um ihn umzugraben. Umgegraben, Erde abgestochen, gehackt, mit ein wenig gekaufter Erde vermischt. Und dann kam das Schönste: Junior durfte seine Erbsen legen. Anscheinend hat er aufgepaßt: Es mußten unbedingt zwei Erbsen in jedes Loch hinein. Nun gut, es waren ja genug da. Dann wurde fleißig angegossen – Kindergießkanne? Nein, wozu denn? Die große von Muttern ist doch viiiiel besser, außerdem hat die so eine schöne Dusche drauf…

Projekt Nummer zwei: Die Terrasse. Auch so eine Sache, die Junior unheimlich gefiel. Wasser draufgießen, abfegen. Mehrere Wiederholungen, bis die Terrasse sauber war. Allerdings war Junior der Ansicht, sie sei noch nicht sauber genug. Er griff sich die große grüne Gießkanne, füllte sie am Mörtelbottich und wurde dann erst mal ein wenig ungnädig, weil er die volle Kanne nicht tragen konnte. Mit meiner Hilfe gelangte die schwere Gießkanne dann doch auf die Terrasse. Ausgießen konnte er sie selber, den Besen bedienen auch. Ganz fleißig gewischt hat er, mein Gärtnergehilfe. Ich hätte ihn knuddeln können. Zwar war er inzwischen genau so naß wie die Terrasse – aber was soll es, das trocknet wieder. (Danach begab er sich dann in den Sandkasten – können Sie sich die Panade vorstellen?)

Mittwoch (23.05.), sonnig, 28°C

Ein Wochenende in Sachsen

Schön war es.

Bereits am Freitag vormittag verbreiteten wir Aufbruchstimmung. Eigentlich wollten wir ja gegen zehn abfliegen, pünktlich zum Vormittagsschläfchen von Prinzeßchen. Eigentlich, denn natürlich klappte das nicht. Zwar hatten wir am Vortag schon alles gerichtet, das Pferde- und Reitzeug war in Schnäuzelchens Auto, der dann nach der Arbeit mit Fuzzy losfahren wollte, weil er leider keinen Urlaub bekommen hatte. Frau Mutter war dann – obwohl verschlafen – rechtzeitig hier, das Packen des Autos gestaltete sich aber nicht so einfach. So ein A4 hat nun mal einen etwas kleineren Kofferraum als Schnäuzelchens A6. Und schließlich mußten ja Kinderwagen und Reisebett mit, ein Bett-Rausfallschutz für Junior, eine komplette Reisetasche für die Kinder, eine für Schnäuzelchen und mich und die kleinste gehörte Frau Mutter. Na, zu guter Letzt und irgendwie war alles verstaut, erstaunlicherweise ließ sich der Kofferraum auch noch schließen  – nun hieß es nur noch Warten auf den Hufschmied, denn Granja hatte sich wieder einmal ein Eisen runter gezogen. Glücklicherweise diesmal das andere, denn beim vorherigen wäre es dann wirklich schwierig geworden, das wieder anzubringen.

Wie dem auch sei – um viertel nach elf waren wir dann schlußendlich auf der Straße. Die Fahrt ins Sachsenland dauerte sechs Stunden, davon fünf Stunden reine Fahrtzeit. Wir gönnten uns eine ausgiebige Mittagspause mit Pasta und Spielhaus in einem Rasthof. Im Spielhaus konnten sich Junior und Prinzeßchen noch einmal schön austoben, so daß wir danach zwei selig schlafende Kinder im Fond des grünen Flitzers hatten.

Nein, solche Verrücktheiten machen wir nicht allzuoft. Turniere in Sachsen, wenn man an der bayerisch-württembergischen Grenze wohnt. Aber dort lebt eine gute Freundin von mir, die wir vor Jahren einmal auf einem Turnier kennengelernt hatten. Wir haben also nicht nur ein Turnier besucht, sondern auch diese liebe Freundin nebst Familie, die wir zuletzt vor etlichen Jahren gesehen hatten.

Der Samstag war mehr als entspannt, meine Prüfung begann erst um halb fünf. Nachdem wir nach dem letzten Turnier beschlossen hatten, auf dem Abreiteplatz keine Serienwechsel mehr zu reiten – die allerersten waren immer die besten – habe ich sie am Samstag vormittag noch einmal ein wenig geritten. Außerdem auch, um die Steifheit des Sieben-Stunden-Transportes ins Sachsenland aus ihren Knochen zu bekommen. Steif war sie allerdings gar nicht, sie marschierte wirklich locker daher und es machte viel Spaß, sie zu reiten.

Nachmittags fuhren wir dann also nach Kalkreuth aufs Turnier. Ein St.Georg stand an. Der Abreiteplatz bestand aus einem recht feinen Sandboden, der aufgrund der Wärme auch schon wieder zu stauben begann, obwohl der Veranstalter sich viel Mühe gab. Fuzzy gefiel der Boden, sie ging wirklich toll. Um 17 Uhr 03 hätte ich dran sein sollen, leider gab es eine Verspätung, so daß ich erst eine Viertelstunde später ins Viereck mußte. Verspätungen sind bei Fuzzy leider fatal. Sie ging immer noch gut – aber die locker flockige Leichtigkeit vom Abreiteplatz war dahin. Ein paar Fehler haben wir eingebaut, die halben Pirouetten gelangen nicht so gut, die Schrittpirouetten waren auch nicht so besonders („ich weiß, was jetzt kommt, laß mich mal machen!“) und im starken Schritt wollte ich zu viel, so daß sie kurz anzackelte. Der erste der Viererwechsel war irgendwie seltsam – aber nur einer der drei Richter attestierte mir einen Wechselfehler – dafür gelangen die Dreierwechsel fehlerfrei. Das Endresultat: das erste Mal schaffte ich es, in einem St.Georg die ‚magische‘ 700-Punkte-Grenze zu überschreiten. Wenn auch mit 709 Punkten nur knapp. (Nur so als Vergleich: In Weilheim waren es nur 663 Punkte. Ich war so richtig zufrieden, auch wenn wir immer noch deutlich von der Platzierung entfernt waren, war dies doch bisher mein bestes Ergebnis in S. Aufwärtstrend erkennbar – was will man mehr! Schließlich habe ich noch nicht so viel Erfahrung in der schweren Klasse.

Nachdem ich hier mit Fachbegriffen um mich werfe, muß ich wohl einen kleinen Einschub machen. Im Reitsport gibt es eine Notenskala. 0 bedeutet „nicht ausgeführt“, 10 bedeutet „ausgezeichnet“. In der Realität bekommt man meist Noten zwischen 5 (was nicht so besonders ist) und 8 (bedeutet „gut“), wobei man ab einer 6,5 durchaus mit einer Platzierung rechnen kann. Platziert wird immer das beste Drittel aller Reiter, wobei Noten unter 5,0 prinzipiell nicht platzierungsfähig sind.

In den höheren Dressuren werden keine Gesamtnoten für den ganzen Ritt vergeben, sondern jede  Lektion für sich benotet. Die Noten werden addiert und so entstehen Punktsummen. Vergleichbar mit „normalen“ Noten wird das Ganze dann, wenn man die Punktsumme als Prozentzahl der theoretisch erreichbaren Punkte umrechnet. 60% entsprechen einer 6,0. Bisher bewegte ich mich in den schweren Prüfungen in aller Regel im Bereich knapp unterhalb von 60 Prozent. (Fuzzy ist das erste Pferd, mit dem ich überhaupt so weit gekommen bin)

Sonntag um eins dann die Intermédiarie I. Ganz schön verrückt, so was Schweres zu nennen – noch schwerer als der St.Georg. Aber auf der anderen Seite sagte ich mir, dass es doch witzlos sei, die weite Strecke nur für eine einzige Prüfung zu fahren. Und obendrein brauchen wir gerade nur eines: Routine, Routine, Routine. Also wurde genannt – und geritten.

Was soll ich sagen. Im Vorfeld hatte ich ein wenig gerechnet. 684 Punkte entsprechen 60 Prozent. Das wäre mein Ziel gewesen.

Fuzzy ging klasse – der einzige dicke Hund waren vollkommen versaute Zweierwechsel, die aber auf mein Konto gingen, irgendwie kam ich nicht so rein. Das Ganze ergab dann 718 Punkte! Somit mit 62,9% ein noch besseres Ergebnis als im St.Georg. Sagte ich schon: Aufwärtstrend erkennbar?

Nach dem Ritt versorgten wir Fuzzy – und dann machte sich Schnäuzelchen gleich auf den Rückweg. Mit Hänger kann man ja nicht so schnell fahren wie ohne und er wollte zu einer brauchbaren Zeit daheim sein. Frau Mutter, die Kinder und ich ließen uns ein wenig mehr Zeit und fuhren nach ausgiebigem Ratsch mit der Familie der lieben Freundin und einer schönen Portion Eis dann eine Stunde später los. Die Autobahn um Dresden herum wollten wir vermeiden. Das ist ja alles gut und schön – nur leider sollte man seinem Navi das auch erklären. Natürlich führte und „Hannes“ – so habe ich das Gerät getauft, weil es platt spricht – dann über die seiner Meinung nach schnellste Route: Die Autobahn. Kaum waren wir drauf, standen wir auch schon. Stau um Dresden.

Die nächste Ausfahrt war glücklicherweise nicht weit und nach ein paar vergeblichen Versuchen hatten wir dann auch Hannes klar gemacht, dass wir nicht wieder auf die Autobahn wollten, sondern über Land Richtung Nossen. Das funktionierte schließlich recht gut, aber bis Nossen hatten wir dann schon die erste Dreiviertelstunde verloren. Was für ein Glück, dass im Sachsenland soooo viele Windräder stehen – Junior hatte immer jede Menge zu gucken!

In Nossen die nächste Orgelei. An der Autobahnauffahrt wurde gebaut, „unsere“ Auffahrt war gesperrt. Also schickte Hannes uns eine Auffahrt weiter nach „rechts“, um dann über die nächste Auffahrt umzudrehen. Wieder Zeit kaputt gemacht, aber diesmal nicht so viel.

Das Schlimmste kam dann um Nürnberg herum. Schnäuzelchen rief irgendwann bei uns an, weil er von der Autobahn herunter gefahren war, und nun auf der Umleitung fest steckte, auf der auch fast nichts mehr ging. Um Nürnberg herum war auch jede Menge Stau, aber bis wir dann endlich dort waren, hatte sich der größte Teil aufgelöst. Erst ab Schwabach staute es wieder. Wir bekamen per Telefon Instruktionen, wie wir am besten fahren sollten und richteten uns danach. Ein kleines bißchen Stau, dann runter, um über die Landstraßen weiter zu fahren – denn im weiteren Verlauf der Autobahnen nach Hause gab es auch nur eines: Stau, Stau, Stau.

Plötzlich meckerte Hannes. „Dreih mol ümme, wenn geiht!“. Pft, was weiß denn der. Wir müssen hier lang, der will nur wieder, dass wir auf die Autobahn fahren.

Hannes insistierte. Wir blieben stur. Hannes auch.

Irgendwann dämmerte mir dann, dass Hannes wohl Recht hatte. Auf der Raststätte,  an der wir zu Abend aßen, hatte ich einen Blick in einen Atlas geworfen. Und nun kam es mir, daß wir eigentlich von Feucht hätten wegfahren sollen – nicht darauf zu.

Habe ich schon einmal erwähnt, daß wir gerne umdrehen üben? Jedenfalls war hier die nächste knappe Stunde verloren. So wurde es halb zwölf, bis wir daheim waren – anstatt der geplanten Ankunftszeit zwischen neun und zehn Uhr abends.

Ein schönes Wochenende wars auf jeden Fall! Aber das nächste Mal nehmen wir zusätzlich zu Hannes noch einen Atlas mit.