Vor ungefähr zwei Wochen fragte mich die Leiterin von Juniors Kindergartengruppe, die gleichzeitig auch die Chefin der Einrichtung ist, ob ich nicht beim Martinsumzug reiten könne. Im vergangenen Jahr hatte das noch Frau S. getan, wie all die Jahre zuvor auch. Nur hatte diese ein neues Pferd und das hat den Umzug im vergangenen Jahr mehr steigend und auskeilend verbracht und dabei auch noch ein Auto demoliert. Daher wollte sie diese nicht so gerne fragen. Bevor sie ein Risiko mit den Kindern einginge, gäbs dann eben einen Umzug ohne Pferd, auch wenn’s schade sei.
Hmtja. Ich erklärte ihr erst mal, daß ich drüber nachdenken müsse. Mit der Schwarzen vielleicht?
Die hatte das aber auch noch nie gemacht und auch ansonsten wenig Erfahrung mit irgendwas. Also fragte ich meine Nachbarin, die mit ihrer Tinkerstute früher viel St.Martin geritten ist und auch die Schwarze von unseren gemeinsamen Ausritten kennt. „Naja“, war die zweifelnde Antwort, „vielleicht mit Dir, weil sie zu Dir mehr Vertrauen und Respekt hat als zu mir…“. Nicht sehr vielversprechend, diese Antwort.
Dann kam das Käsblatt des Ortes und damit die Idee. Für Samstag vermeldete das Blättchen den Martinsumzug auf dem nachbarlichen Anwesen. Die Kinder dieses Nachbarn gingen in den Kindergarten in O. und da ergab es sich dann, dass deren Umzug immer bei uns im Weiler stattfand. Zwar hat der Nachbar keine so kleinen Kinder mehr, aber die Tradition gibts immer noch. Und ich fand, das sei eine gute Übung für die Schwarze. Ich sprach mit der Kindergärtnerin und verblieb mit ihr so, daß ich ihr am Montag – also heute – Bescheid geben wolle.
Tja. Natürlich überlebt kein Plan den Kontakt mit dem Feind – das Käsblatt hatte wohl einen Druckfehler drin, denn auch bei den Nachbarn war der Martinsumzug – heute. Also nix mit üben. Mein Angebot, das die Dame vom Kindergarten dann annahm, lautete: Ich probiere es und wenn ich den Eindruck gewinne, daß das nix wird, würde ich kurzerhand mit dem Roß verschwinden und wieder verladen.
Heute am späteren Nachmittag dann also die Schwarze gesattelt und getrenst, Abschwitzdecke drauf, ab auf den Hänger. Junior und Prinzeßchen ins Auto gepackt, wobei wir hier noch ein nettes kleines Zwischenerlebnis hatten, denn fünf Minuten vor dem Hosenknopf fiel der jungen Dame noch ein, sie könne eine Runde ausgiebig in den voll gefüllten Tränkbottichen der Pferde pritscheln. Naß bis auf die Haut war sie. Also wieder ins Haus geeilt, das kalte Kind aus den nassen Sachen geschält und Trockene angezogen. Die nassen Sachen landeten einfach in der Diele – zum Aufhängen war keine Zeit mehr. Zum Glück habe ich ja für jedes Kind mehrere Schneeanzüge – denn bei einem solchen Umzug um diese Jahreszeit zieht mal als intelligente Mutti den Kindern schon Fleeceshirt, Winterstiefel und Schneeanzug an. Es gibt nichts Schlimmeres als quengelnde Kinder, denen kalt ist. Mal ganz abgesehen davon, dass sie dann am nächsten Tag krank sind…
Am Umzugsort angekommen übernahm dann Schnäuzelchen die Kinder, ich saß schnell auf und das Abenteuer begann.
Was soll ich sagen. Die Schwarze war anfangs tatsächlich etwas angespannt, aber ob das nur an ihr lag oder weil sie einfach merkte, daß ich nervös war, sei mal dahingestellt. Die Blinklichter der Feuerwehr, auch das Blaulicht, interessierten sie rein gar nicht. Die Kinder mit dem lauten Geplapper schon ein wenig eher, aber auch daran gewöhnte sie sich schnell. Anfangs hielt sie wenig von langsamem Schrittempo, so daß ich Volten und jede Menge Schenkelweichen einbauen mußte, um den Umzug nicht abzuhängen. Nachher war aber alles super, sie ging gemessenen Schrittes und mit wunderbarer Anlehnung ungefähr fünf Meter vor der Blasmusik, die sie übrigens auch nicht störte. Beim Abschließenden Halt, wo die Kinder mit ihren Eltern dann im Freigelände des Kindergartens verschwanden, stand sie dann schon wie einbetoniert und ich mußte einige Eltern mit Kindern auffordern, mehr Abstand zu halten1
Bin total stolz auf meinen Trakehner *lach* und hoffe, daß irgendein Foto bei den Eltern dabei ist, was etwas taugt – denn wir wurden sehr viel fotografiert. Nur einen Martinshelm gabs nicht – der geht nicht über den Reithelm und ohne Helm ist nicht.
